Während Zusatzversicherungen und Wahlärzt:innen in Österreich immer populärer werden, stagniert die Zahl der Kassenärzt:innen in der öffentlichen Gesundheitsversorgung. In bestimmten Regionen, vor allem in infrastrukturell benachteiligten ländlichen Kommunen, bleiben Kassen-Stellen sogar gänzlich unbesetzt. Besonders betroffen ist neben den Fachgebieten Kinder- und Jugendheilkunde, Kinder- und Jugendpsychiatrie, Gynäkologie und Dermatologie auch der versorgungswirksame niedergelassene Bereich der Allgemeinmedizin. Dies hat zu Folge, dass viele Patient:innen, besonders in entlegeneren Regionen, nur über eine unzureichende Gesundheitsversorgung verfügen, entweder unterversorgt bleiben oder kostenintensivere medizinische Leistungen von Wahlärzt:innen in Anspruch nehmen müssen.
Welche Gründe sich nun für den Rückgang im Bereich der vertragsmedizinischen öffentlichen Versorgung identifizieren lassen, welche strukturellen gesundheitspolitischen Maßnahmen gesetzt werden können, um der Tendenz hin in Richtung Wahlmedizin entgegenzuwirken bzw. um wieder mehr junge Mediziner:innen dazu zu bewegen, Kassenverträge zu übernehmen erfahren Sie nachstehend.
Die öffentliche Gesundheitsversorgung in Österreich zählt im internationalen Vergleich nach wie vor zu den fairsten Gesundheitssystemen. Durch die heimische Krankenversicherung wird sichergestellt, dass die österreichische Bevölkerung einen möglichst niederschwelligen Zugang zu einem leistbaren und qualitativ hochwertigen Gesundheitssystem erhält.
Kassenärzt:innen spielen bei der Umsetzung einer kostengünstigen, fairen und flächendeckenden öffentlichen Gesundheitsversorgung eine ganz maßgebliche Rolle. Speziell in den letzten Jahren öffneten sich jedoch große Versorgungslücken im Bereich der niedergelassenen vertrags-medizinischen Versorgung, was dazu führte, dass derzeit keine flächendeckende Gesundheitsversorgung mit Kassenärzt:innen gewährleistet werden kann und viele Patient:innen dazu gezwungen sind, entweder kostenintensivere Leistungen von Wahlärzt:innen (Selbstbehalte!) in Anspruch zu nehmen oder Spitäler aufzusuchen, um eine Basisversorgung zu erhalten.
Aktuell sind rund 200 Kassenvertragsstellen vakant, besonders betroffen ist davon vor allem der niedergelassene Bereich der Allgemeinmedizin (rund 120 Stellen). In den kommenden 10 Jahren wird sich die Situation innerhalb der öffentlichen Gesundheitsversorgung noch zusätzlich verschärfen, da eine Pensionierungswelle bevorsteht und viele Kassenvertragsstellen nachbesetzt werden müssen.
Welche Gründe lassen sich nun für die rückläufige Tendenz bei Kassenvertragspartnerschaften identifizieren?
Diese Faktoren tragen maßgeblich dazu bei, dass sich immer mehr Mediziner:innen, vor allem aber jüngere Ärzt:innen, für die Wahlmedizin und gegen eine Kassenvertragspartnerschaft entscheiden. Im Gegensatz zu Kassenärzt:innen haben Wahlmediziner:innen (niedergelassene Privatärzt:innen) faktisch einen deutlich größeren Spielraum im Hinblick auf die Wahl des Praxis-Standortes, sie müssen keine Mindestöffnungszeiten einhalten, können somit ihre Ordinationszeiten frei bestimmen und flexibel gestalten, sie sind nicht an die Bestimmungen einer ökonomischen Verschreibweise gebunden, haben ein größeres Leistungsspektrum sowie freie Honorarvereinbarungen und müssen keinen Bereitschaftsdienst ausüben.
Um eine Kassenvertragspartnerschaft wieder attraktiver zu gestalten und dem Trend in Richtung Wahlmedizin entgegenzuwirken, wird es notwendig werden, entsprechende Anreize zu schaffen und die strukturellen Rahmenbedingungen, speziell für die nächste Generation an Mediziner:innen, zu adaptieren. So wird es gelingen, dass alle Versicherten, unabhängig von sozialen Determinanten wie etwa Einkommen, Arbeits- und Wohnsituation oder formaler Bildung, einen Zugang zu einer fairen, kostengünstigen und flächendeckenden Gesundheitsversorgung erhalten.
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