Künstliche Intelligenz (KI) im Gesundheitswesen - Chancen und Herausforderungen

Künstliche Intelligenz (KI) beeinflusst und vereinfacht mittlerweile sämtliche Bereiche des alltäglichen Lebens und eröffnet spannende, innovative und neue Handlungsfelder.

Welche Chancen bzw. Herausforderungen Künstliche Intelligenz speziell im Hinblick auf das Gesundheitswesen birgt bzw. wie der Begriff KI definiert wird und welche KI-basierten Prozesse bereits heute in Anwendung sind, wird nachfolgend ausführlich skizziert.

Prominente KI-basierte Praxisbeispiele

  • intelligente Verkehrslenkung (Flug- und Zugverkehr)
  • digitale Spracherkennungssysteme („Siri“, „Alexa“, „Cortana“)
  • Bilderkennung und Bildverarbeitung
  • Suchmaschinen
  • intelligente Autonavigation (z.B.: Abstandregler, Notbremsassistent oder automatische Einparkhilfe)
  • „Recommender Systeme“ (z.B.: personalisierte Playlisten auf Streamingdienst-Plattformen)
  • u.v.m.

Begriffsdefinitionen

Künstliche Intelligenz ist eine richtungsweisende, vielversprechende Technologie im Zeitalter von Digitalisierung und digitaler Transformation. Sie birgt ein unerschöpfliches Potential an Anwendungsmöglichkeiten und eröffnet unzählige neue Perspektiven.

Der Diskurs rund um diese Technologie gestaltet sich jedoch äußerst komplex und facettenreich. Zentrale Begrifflichkeiten, die im Zusammenhang mit Künstlicher Intelligenz diskutiert werden, sind Begriffe wie etwa (Big Data), Machine Learning und Deep Learning.

Künstliche Intelligenz

KI basiert auf digitalisierten Daten und wird als Prozess verstanden, der primär versucht, menschliche Intelligenz (denken, lernen, Problemlösungsstrategien) zu imitieren. Sogenannte Algorithmen simulieren dabei intelligentes Verhalten.

Maschinelles Lernen (Machine Learning)

Das Maschinelle Lernen (ML) ist ein einflussreiches Teilgebiet der KI. Dabei lernt das System anhand unzähliger Beispiele Gesetzmäßigkeiten zu erkennen, um schließlich für neue Beispiele korrekte Entscheidungen treffen zu können. Dieser Lernfähigkeit liegen algorithmische Methoden zugrunde, die ihren Ursprung in der Optimierungslehre haben. ML unterscheidet zwischen „supervised ML“ (für das Training stehen dabei Datenpaare zur Verfügung – Input/Output – Input ist z. B. ein Dokument und das Output ist der zu extrahierende konkrete Text) und „unsupervised ML“ (in der Trainingsphase steht hierbei der Output des Datenpaares nicht zur Verfügung und das System soll allgemeine Muster in den Daten eigenständig identifizieren).

Deep Learning

Ein sehr prominenter Teilbereich des Maschinellen Lernens ist das Deep Learning (verfügt über ein größeres Lernpotential als das herkömmliche ML). Hier werden tiefschichtige Neuronale Netze verwendet, die, inspiriert von grundlegenden Funktionsweisen des menschlichen Gehirns, im Stande sind, komplexere Modelle zu trainieren, als dies mit herkömmlichen ML-Methoden möglich wäre. Die einzelnen Schichten können sukzessive komplexere Zusammenhänge und Merkmale identifizieren.

KI im Gesundheitswesen

Im Gesundheitswesen gewinnt KI vor allem in Form von Bildverarbeitung und im Hinblick auf computergestütztes Sehen verstärkt an Bedeutung, sobald ein trainiertes Modell dafür zur Verfügung steht. Die Trainingszeit eines Modells kann stark variieren. Die Grundvoraussetzung ein KI-System effizient nutzbar zu machen ist, diese mit ausreichend Daten zu versorgen. Je mehr Gesundheitsdaten daher von Patienten zur Verfügung gestellt und digitalisiert werden und je detaillierter sich diese gestalten, desto effizienter und effektiver wird KI eingesetzt werden können. Künstliche Intelligenz ist im Stande, durch die Verknüpfung von Datensätzen aus Forschung (z.B.: Biobanken, Gendatenbanken, Studiendaten) und routinemäßiger Patientenversorgung im klinischen Alltag, Zusammenhänge etwa zwischen einzelnen Genen, Lebensstilen und Erkrankungen aufzudecken. Dadurch lassen sich neue patientenrelevante Erkenntnisse gewinnen.

Chancen, Einsatzbereiche und Herausforderungen durch den Einsatz von KI

Im Folgenden werden Chancen, Einsatzbereiche sowie potentielle Szenarien, die den Einsatz von KI erschweren bzw. Herausforderungen für das Gesundheitswesen darstellen können, kurz skizziert:

Chancen

KI-Systeme bzw. Datenanalysen können die Gesundheitsversorgung verbessern, Heilungschancen für Patienten erhöhen, die Forschung vorantreiben und Ärzte bei Diagnosen und Therapieentscheidungen unterstützen. Dadurch kann die Patientenversorgung deutlich wirkungsvoller gestaltet und medizinisches Fachpersonal entlastet werden. Bereits heute unterstützt KI dabei, Krankheiten effizienter zu diagnostizieren, Medikamente zu entwickeln, Behandlungen zu personalisieren und sogar Gene zu editieren. Für die Wissenschaft nutzbar gemachte elektronische Patientenakten können dabei helfen, die Entstehung von Krankheiten besser zu verstehen und innovative Präventions- und Behandlungskonzepte zu entwickeln.

Durch die Analyse tausender Krankengeschichten lernt die KI, Krankheits- und Therapieverläufe individuell zu prognostizieren oder etwa aus Gen-Analysen und Bilddaten die Aggressivität eines Tumors zu berechnen und vorherzusagen, welche Therapieform (Strahlen- oder Chemotherapie) erfolgsversprechender ist. Künftig wird sie auch Abläufe in Operationssälen optimieren. Mittels Sprach- oder Gestensteuerung wird es möglich werden, Chirurgen, die anspruchsvolle Eingriffe unter dem Mikroskop durchführen mit Informationen zu versorgen, die in Echtzeit im Okular des Operationsmikroskops erscheinen.

Einsatzbereiche

  • Medizinische Bildverarbeitung und Diagnostik: Mittels Analyse von Bilddaten kann KI bei der medizinischen Diagnostik unterstützen. Sie erkennt basierend auf bereits existierenden Bilddaten und damit verbundenen Diagnosen Muster im Bild, die verschiedenen Krankheitsbildern (z.B.: radiologische Krebsbefunde, Pathologie, Dermatologie) zugeordnet werden können. Durch die Verfügbarkeit großer Datenmassen und deren Analyse wird es möglich, pathologische Veränderungen im Bild schnell und zuverlässig zu identifizieren, Therapien zu individualisieren und Prognosen zu weiteren Krankheitsverläufen abzugeben.
  • Roboterassistierte Chirurgie: Bereits heute finden Roboter-Assistenten Anwendung bei verschiedensten Operationen oder auch in der Krankenhauslogistik (z.B.: digitale Protokollführung bei Visiten oder bei der Verteilung von Medikamenten).
  • Semantische Analyse von Arztbriefen
  • Informationsextraktion von Rezepten

Herausforderungen

Der Diskurs über den Einsatz von KI im Gesundheitswesen wird nicht unkritisch geführt und erstreckt sich auf die unterschiedlichsten Disziplinen. Neben Datenschutz werden verstärkt auch Verantwortlichkeiten und Arbeitsplatzsicherheit thematisiert.

  • Datenschutz: Gesundheitsdaten sind sehr sensibel und besonders schützenswert. Um den Einsatz digitaler Gesundheitsinnovationen wie etwa jenen von KI rechtfertigen zu können und um ethische und rechtliche Standards zu definieren, wird es notwendig werden, einen offenen Diskurs zu initiieren, der sämtliche Akteure aus Wissenschaft, Gesundheitsversorgung und Gesellschaft miteinbezieht.
  • Trainings- vs. Produktionsumgebung: Eine KI, die für ein spezifisches Setting oder Problem trainiert wurde, kann nicht ohne weiteres in einem anderen Setting wiederverwendet werden. Es ist wichtig, dass die Trainingsdaten möglichst gut die Daten aus der Produktion repräsentieren.
  • Datenqualität: Krankheitsbilder können von individuellen Charakteristika (kultureller und sozioökonomischer Hintergrund, Lebensstil etc.) abhängig sein. Werden diese spezifischen Zusatzinformationen nicht in die Datenbasis inkludiert, kann die KI nur unzureichende Ergebnisse liefern.
  • Black Box-Problem: Das Black Box-Problem bezieht sich auf den „Lösungsweg“, den die KI gefunden hat. Die Entscheidungswege der KI bleiben oft aufgrund ihrer internen Verstrickung und hoher Komplexität intransparent. Unter solchen Umständen kann es sich schwierig gestalten, Entscheidungen für oder gegen diagnostische oder therapeutische Verfahren zu treffen. Dies ist ein aktives Forschungsfeld und es gibt bereits Methoden, um diese Intransparenz aufzuheben.
  • Verantwortungsfrage: Werden Entscheidungen basierend auf Softwareapplikationen und KI getroffen, stellt sich die Frage, wer im Hinblick auf Fehlentscheidungen zur Verantwortung gezogen werden kann (Arzt vs. Technologiebereitsteller). Es wird notwendig werden, diesem Aspekt eine rechtliche Verankerung zugrunde zu legen.
  • Arbeitsplatzthematik: Der Einsatz von KI birgt das Potential, dass spezifische Tätigkeitsfelder im Gesundheitswesen obsolet werden könnten. Werden jedoch Synergien zwischen medizinisch Tätigen und der KI erzeugt, können zusätzliche Chancen generiert werden, die die Behandlungsintensität und -qualität sogar noch steigern könnten, da die KI zeitliche Spielräume bereitstellt.

Quelle: Sozialversicherung (Download am 29.07.2021 unter: https://www.sozialversicherung.at/cdscontent/load?contentid=10008.747411&version=1621499482)

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